Wie kommt man entspannt mit 2 Kindern zur Schule und anschließend mit dem ganzen Gerät alleine wieder zurück? Mit einem Tridem…
Es gibt tatsächlich eine Firma in den Niederlanden die ein ziemlich ähnliches Modell baut und vertreibt. Aber das sieht nicht so schön schnittig und keilförmig aus 🙂 Und noch dazu kostet es dreieinhalbtausend Euro. Das muss doch günstiger im Eigenbau gehen… Also grob die Maße und Materialstärken im Internet recherchiert und einfach angefangen…
Viele Teile des Tridems, vor allem Lenkung Antrieb sind größtenteils in den Öffnungszeiten der Werkstatt entstanden. Die Basis des Rahmens bilden ein…
…altes 26″ Mountainbike für den hinteren Teil und ein altes 20″ Kinderfahrrad für die Vordergabel (beides sehr günstig bei Kleinanzeigen bekommen), sowie eine Ladung Stahlprofile. Der untere Träger ist ein 40x40mm starkes Profil und die beiden oberen messen 20x40mm (alle mit 2mm Wandstärke). Die Rundprofile haben je nach Einsatzzweck verschiedene Durchmesser und Stärken (im Foto zu sehen) so dass sie exakt zu den gängigen Maßen von Fahrradteilen passen (z.B. Lagerschale für die Lenkung, Lenkervorbau- und Sattelklemmung…).
Das alte Mountainbike wurde komplett zerlegt, überschüssige Teile wurden abgeflext und das Ganze mit den Stahlprofilen zu einem neuen, großen Rahmen zusammengeschweißt.
Anschließend ging es an die Lenkung die insgesamt wohl den größten Teil der Zeit verschlungen hat. Die große Herausforderung war hier die Führung der Lenkstange innerhalb des Rahmens (es wird ja vom hintersten Platz das vordere Rad gelenkt) . Bei normalen Lastenrädern hat man für die Lenkstange viel Platz unter der Kiste, beim Tridem würde die Stange die Kinder beim Treten stören.
Nach vielen Wochen Testen und immer wieder kleinen Anpassungen an den Teilen funktioniert die Lenkung perfekt: Zwei Führungsarme an den Rahmen geschweißt, daran mit eingefetteten Gleitbacken aus Polyethylen die Lenkstange geführt.
Nachdem die Lenkung funktionierte, wurde alles gründlich entfettet und anschließend mit der Sprühdose grundiert und lackiert – in Melonengelb (RAL 1028).
Eine der wichtigsten Eigenschaften des Antriebes ist der Freilauf für die Kinder: Die Kinder können mit treten, müssen aber nicht. So können sie sich auf längeren Fahrten ausruhen. Selbst nach sehr langen Recherchen im Internet waren die passenden Teile für einen vernünftigen Preis nicht zu finden. Da wir in der Werkstatt eine Drehbank haben, fiel schließlich der Entschluss ein altes Tretlager zu köpfen, zwei Freilaufritzel gegeneinander auf das Gewinde des Tretlagers zu schrauben und um das Ganze zusammen zu halten eine Hülse zu drehen.
Am Rahmen wurden 4 Schrauben (M10) angeschweißt auf denen die Freilaufkonstruktion montiert werden kann.
sauber verschweißen
Nun sind die Tretlager dran. Aus 6mm Stahlplatten wurde eine Eigenkonstruktion ausgelasert und anschließend verschweißt und lackiert – die auf dem unteren Träger verschiebbaren Tretlagerschlitten. Die Tretlageraufnahmerohre haben keine Gewinde, deshalb wurden „Rearatur-Tretlager“ verwendet die sich durch die konische Form beim Festschrauben selbst zentrieren…
Die fertig lackierten Tretlagerschlitten…
…am noch unlackierten Rahmen zum Test montiert.
Zum Schluss Freilauf und Tretlager mit den insgesamt 4 Ketten montiert:
Eigentlich war an der hinteren Kurbel ab Werk ein schöner Kettenschutz vorhanden. Leider ging der Plan nicht auf bei der hinteren Kurbelgarnitur das große Ritzel für die Kette nach vorne zu verwenden (für den Antrieb durch die Kinder) und die beiden kleineren Ritzel für den Antrieb nach hinten (zur normalen 7-fach-Schaltung). Das Problem: bei den vier kleinen Gängen war der Winkel der hinteren Kette derart ungünstig dass die beiden Ketten aneinander rieben weil der Abstand zwischen den Ritzeln einfach zu klein war.
So musste kurzerhand ein viertes Ritzel montiert werden und der mitgelieferte Kettenschutz passte nicht mehr. Aber was es nicht gibt, wird digital erstellt und danach im 3D-Drucker passend gedruckt: Der neue Kettenschutz für die hintere Kurbelgarnitur.
Alle drei Lenker und Vorbauten sind alte Teile aus der Schrottkiste oder von Kleinanzeigen die sauber geschliffen und anschließend neu lackiert wurden.
Das fertige Tridem (Länge: 2,96m):